Mittwoch, 30. März 2011

Der Freischwimmer

Atomkatastrophe, Krieg, Revolution, Bankenkrise, Neuverschuldung...alles spielt einfach keine Rolle mehr- förmlich die ganze Welt hielt kürzlich, endlich mal völlig zurecht, den Atem an- einer etwas zu lange- Knut ist tot.
Ja, wirklich Knut ist tot! Im Alter von nur 4 Jahren starb der kleine Racker mit der auffällig weißen Frisur. Wow, heftig, ein 4 jähriger ist plötzlich verstorben- sorry, keine Panik, war nur ein Eisbär, da gibts noch genug von!

Aber trotzdem- völlig zurecht nimmt Knut in den aktuellen Nachrichten seinen Platz direkt neben den weit weniger bedeutenden Nachrichten aus Japan oder Libyen ein- warum auch nicht? Im Gegensatz zu fernen Geschehnissen, den Katastrophen und Schicksalen, konnten wir den kleinen Eisbären ja ständig vor unserer Haustür besuchen und in seinem traumhaft gestalteten und sehr natürlichen Lebensraum beobachten. Es war so putzig und herzallerliebst anzusehen, wie der kleine- eigentlich zum Tode verurteilte Eisbär- tapfer ins Leben zurückgekämpft wurde, um die Konsum-Kommerz-Maschinerie zu befriedigen.

Knut avancierte schnell zum Mediensuperstar, schon beim ersten Schiß in die Hand seines Pflegers, war die Welt verliebt in sein neues Kuscheltier. Der Weg zum Ruhm war offen und so sorgte Knut für einen wahren Besucheransturm, in seiner geliebten Heimat des Berliner Zoos. Kuscheltiere, Luftballoons, Best of DVDs der ersten drei Lebenswochen- es gab praktisch nichts was nicht mit ihm verkauft wurde. So blitzen nicht nur Kinderaugen nach mehrstündigen Schlange stehen, nein, auch den Zoobetreibern konnten mit ihrem Lächeln nur schwer hinterm Berg halten- offerierte doch diese zusätzliche Einnahmequelle das wovon jeder Tieraussteller sonst nur zu träumen wagt- Koks und Nutten.
Freilich hatte dieser Starrummel auch ein paar negative Seiten, denn nicht alle "Fans" fühlten sich so glücklich, wie der kleine Bär, der so herrlich tapsig seine Umwelt entdeckte und damit zeigte, dass ein Eisbär ja eigentlich doch überall leben kann. Förmlich schrie er hinaus in die Welt: "Scheiß auf die Klimaerwärmung, hier bin ich Star, hier will ich sein!

Knut bestritt dabei eine Art „Weg des Michael Jackson“, denn auch wenn es Rassisten sicherlich nicht wahr haben wollen: Eisbären sind von Natur aus schwarz! Ohne sein weißes Tarnfell wäre er im deutschen Osten bestimmt das ein oder andere Mal angeeckt- wobei ich gern gesehen hätte, wie ein paar Idioten versucht hätten aus dem Gehege eine „National befreite Zone“ zu machen! Natürlich nicht in der Zeit als Knut noch den Kuschelfaktor hatte...obwohl...auch das wäre auf die ein oder andere Weise bestimmt recht erheiternd gewesen.
Einen weiteren Vorteil kann man auch noch an Knuts Fellfarbe festmachen, denn durch sein helles Erscheinungsbild konnte man ihn nach seinem plötzlichen Tod auf jeden Fall nicht mit einem riesigen Stück Kot verwechseln, das im Wasser treibt.

Jetzt stellte man sich die Frage, warum und woran der Bär denn nun gestorben ist. Unter anderem wurde etwa darüber spekuliert, dass er an „gebrochenem Herzen“ gestorben sei- nun...Eisbären sind ja, wie aus zahllosen Beobachtungen bekannt, Herdentiere. Wer kennt sie nicht, die riesigen Herden von Eisbärfamilien, die über das ewige Eis wandern??? Knut war ja eine Ausnahme, weil er einen menschlichen Ziehvater im doppelten Sinn hatte! Dabei wird in seiner so beeindruckenden und weltverändernden Vita gern das Kapitel ausgespart, dass er mit seiner bloßen Existenz die Familie seines Pflegevaters zerstörte. Ja, auch das war Knut.

Die Zoobetreiber mussten sich nach diesem Verlust fragen, wie sie noch etwas Kapital aus dem Kadaver schlagen können. Nach der Obduktion ist klar geworden, dass Knuts Gehirn nur noch Matsch war- da wurden die Marketingexperten natürlich gleich ganz Ohr, denn erst kürzlich ereilte einen anderen großen Medienstar ein gaaaaanz ähnliches Schicksal. Während aber von SexyCora nur Schmuddelfilme im Umlauf sind, soll bei Knut der einzig richtige Weg gegangen werden- er wird ausgestopft und ausgestellt! Bravo! Außerdem soll es eine neue Kollektion „Knut Badewannentieren“ geben. Die kleinen und großen Fans können so beim Planschen mit ihrem Liebling die Luft um die Wette anhalten. Da kann man schon gespannt sein. Wer wohl am Ende gewinnt?

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