Montag, 10. Januar 2011

Katja S. reloaded- Kindererziehung 2.0

In den meisten Fällen ist es ja nicht besonders schön eine Zugfahrt zu unternehmen, wenn man sich aber von vornherein seiner deutschen Tugenden entledigt hat und hohe Verspätung und nicht vorhandenen Service akzeptiert, dann kann man sich seiner Umwelt zuwenden und sich überraschen lassen, was man denn dort alles zu sehen bekommt.

Es war eine dieser Fahrten die von vorneherein nicht enden wollten. Neben der ohnehin schon persönlichen Unruhe bestiegen zur letzten kalkulierten Stunde Fahrtzeit verschiedene in alle Richtungen ausgewachsene Individuen nebst ihres jungen Anhangs den Wagon. Schon im Vorbeigehen der Eltern war klar- man kam vom Weihnachtsmarkt- woher sonst hätte auch dieser verführerische Duft von Glühwein und sonstigen Alkoholausdünstungen kommen sollen, der sich fortan wie ein leichter Nebel in der Luft zu verteilen schien. Ein anderes Indiz war natürlich auch der besonders schnell in Weihnachtsstimmung versetzende Anblick von Augenkrebs verursachenden Mützenendbeleuchtung.
Fortan stellte sich die friedliche resignierende Fahrt immer anstrengender dar, denn es galt das Gehör einer Feinjustierung zu unterziehen, um das Gerede der verantworungsvollen Eltern in verständliche Bahnen zu filtern- dies stellte sich im Zusammenspiel zwischen halben Geschrei und Lallen als nicht ganz einfach heraus- zwischendurch (wenn der Zug mal fuhr) waren natürlich auch allgemeine Bahngeräusche zu hören, wie Entschuldigungsdurchsagen oder ähnliches.
In diesem Brei aus verschiedenstem Krach waren immer wieder einigermaßen klar Anrufe zu hören: "Jannick! Jean-Pascal!"
Jetzt war ich zumindest endlich informiert, wer sich da so aufgedreht von der einen zur anderen Seite des Wagons fortbewegte, auf Sitze kletterte, mit der Klo- und der Abteiltür spielte. Den äußerst energischen Versuchen die Kinder zur Raison zu bringen, schlugen leider nicht besonders gut an- anders formuliert- ich habe schon Kinder gesehen, die sich mehr für die Anweisungen ihres Vaters interessiert haben.
Auch dem Vater selbst ist es nicht entgangen, dass die lieben Kleinen JANNICK! JEAN-PASCAL! sich eher wenig um die präzisen Anweisungen ihres Vaters kümmerten- zurecht muss man sagen, denn die beiden Kinder wussten sicherliche schon vorher wie sie heißen. Was taten eigentlich die Mutter oder die anderen Erwachsenen die wohl zu der Gruppe gehörten??? Die Mutter verfiel scheinbar unmittelbar nach dem Platz nehmen in eine Art Schutzschlaf- bei solchen nervigen Kindern und einem dermaßen angetrunkenen Mann neben sich, wohl auch kein Wunder. Das andere Pärchen beschäftigte sich größtenteils damit ihren Fahrplan zu studieren...das- und frisches Bier aus dem Rucksack zu kramen.
So kam es dann auch endlich dazu, dass der Arme Vater seine Stimme dann auch etwas nachölen konnte. Seinem Begleiter sei Dank bekam er umgehend eine eigene Dose deutschen Qualitätsbiers eines bekannten Discounters gereicht und war jetzt in der Lage zwischen den Namensanrufen Schluck für Schluck dieser Köstlichkeit einzunehmen.
Mit jedem Rufen und zwischenzeitlichem drohen,  wurde der hilflose Vater anscheinend immer schwächer. Schweißperlen liefen über sein hoch erötetes Gesicht und er stellte das Rufen der Kinder schließlich ein. Im Angesicht dieses Sieges drehten die zwei lieben Kleinen nun richtig auf und demonstrierten, dass sie auch stimmlich sehr laut spielen können, ach du herrliche Kinderzeit! Der Vater indes beschwerte sich bei dem begleitenden Pärchen noch über seine nicht hörenden Kinder und begann dann die Taktik seiner Frau zu kopieren und entschlummerte langsam in den "scheiß egal" Schutzschlaf- leider nicht ganz so erfolgreich. Denn während das begleitende Pärchen die beiden Jungs einfach um etwas mehr Ruhe bat- was sofort funktionierte- ergoss sich der Rest von Vatis Bier langsam in seinen Schritt.
Was ist die Moral? Wenn man es mit der Kindererziehung schon nicht so richtig drauf hat, dann sollte man wenigstens so betrunken sein, damit es einem egal ist- Kindererziehung 2.0.- Promille.

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